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Plastikflut im Supermarkt: Wie viel Kunststoff ist wirklich nötig?

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Im Pazifischen Ozean schwimmt eine Plastikinsel, die viermal so groß wie die Fläche von Deutschland ist. Der Great Pacific Garbage Patch wächst stetig weiter – genau wie die Menge an Abfällen, die wir täglich erzeugen. Nicht umsonst lohnt sich ein Blick in unsere Supermärkte. So vielfältig wie das Produktangebot sind dort auch die Verpackungen. Doch nicht alle sind notwendig und einige Verpackungen könnten sicher sparsamer gestaltet sein. Im folgenden Artikel schauen wir uns die Plastik Situation in unseren Supermärkten etwas genauer an.

Wie viel Plastik steht in unseren Supermärkten im Regal?

Nicht nur wir als Verbraucher:innen blicken kritisch ins Supermarktregal auf der Suche nach der einen Zutat, die noch für das Abendessen fehlt. Einmal im Jahr führt Retail Economics, beauftragt von DS Smith, eine Studie durch, um den Einsatz von Kunststoffverpackungen im Supermarkt genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Studie ist bekannt unter dem Namen „Material Change Index“.

Die Studie: Der Material Change Index untersucht in einer Feldstudie jährlich 1.500 Produkte, darunter Lebensmittel und Getränke, in 25 Supermärkten bei den fünf größten Lebensmitteleinzelhändlern in sechs europäischen Ländern. Zusätzlich wurden 2024, 300 Branchen-Expert:innen aus der Lebensmittel- und Getränkeindustrie befragt.

Erkenntnisse aus dem Supermarkt

Laut Material Change Index sind 48 % der verpackten Lebensmittel und Getränke in deutschen Supermärkten “unnötigerweise” in Kunststoff verpackt. Das entspricht 38,6 Milliarden Kunststoffteilen pro Jahr. Weiterhin sagt die Studie, dass Produkte entweder keine Verpackung benötigen, mit weniger Kunststoff oder in Kunststoff Alternativen verpackt werden könnten. 85 % des “unnötigen” Kunststoffs in Deutschland könnten so laut Studie durch faserbasierte Alternativen ersetzt werden.

Hierzu eine kurze Einordnung

In der Studie werden faserbasierte Verpackungslösungen als Alternative vorgeschlagen. Allerdings stellen diese Verpackungen Entsorgungsbetriebe vor sehr große Herausforderungen. Faserbasierte Verpackungen bestehen aus Papier, Karton und anderen Materialien und werden mit Kunststoffbeschichtungen oder Polymerfilmen zum Schutz der Produkte, die sie enthalten versehen. Papierfasern sind zwar sehr gut recyclebar und gelten als nachhaltig, aber die Beschichtung macht es sehr schwer sie tatsächlich zu recyceln, daher landen diese Verpackungen oft in der thermischen Verwertung.

Im Gegensatz dazu können Kunststoffverpackungen skalierbar, also in großen Mengen, gut recycelt werden – besonders, wenn sie aus Monomaterialien bestehen, also aus einem einzigen oder überwiegend einem Material hergestellt sind, wie zum Beispiel PET-Flaschen. Verbundverpackungen, die aus unterschiedlichen Materialien bestehen, setzen voraus, dass Verbraucher:innen diese richtig trennen. Was nicht immer passiert und öfters nur schwer möglich ist, wie bei Kunststoffbeschichtungen.

Wir empfehlen daher auf Monoverpackungen zu setzen und an der Plastikmenge zu sparen, wo es geht. Eine gute Alternative ist sonst zum Beispiel auch Glas. Wichtig ist auf jeden Fall, die Recyclingfähigkeit von Verpackungen nicht aus dem Auge zu verlieren. Nur so können Ressourcen gespart und Materialien sinnvoll weiterverwertet werden.

Welche Produkte sind besonders oft in Plastik verpackt?

Den höchsten Anteil an Kunststoffverpackungen haben folgende Lebensmittel- und Getränkegruppen:

  • Fleisch und Fisch - 84 % in Kunststoff verpackt
  • Molkereiprodukte - 83 % in Kunststoff verpackt
  • Alkoholfreie Getränke - 80 % in Kunststoff verpackt

Vergleich mit anderen europäischen Ländern

Gesamtheitlich werden in Deutschland 66 % aller Lebensmittel und Getränke in Kunststoff verpackt. Damit liegt Deutschland zusammen mit Italien auf Platz drei des Länderrankings. Auf Platz zwei liegt Spanien mit 67 % und an der ersten Stelle führt UK mit 70 %. Polen (62 %) und Frankreich (59 %) halten sich etwas besser auf Platz vier und fünf.

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Aber Achtung: Kunststoffverpackungen sind nicht per se schlecht: EU-weit gibt es Recyclinglösungen für Verpackungen, die die Wiederverwertung von Kunststoff-, Papier-, Glas- und Metallverpackungen ermöglichen und damit Rohstoffe sowie Ressourcen schonen. In Deutschland sorgen so die dualen Systeme (wie Interzero) dafür, dass unsere Verpackungsabfälle wiederverwertet und zur Produktion neuer Produkte oder Verpackungen eingesetzt werden können.

Im Alltag kennen wir Verbraucher:innen zum Beispiel das Pfandsystem für Flaschen, das in Deutschland und teils auch in anderen EU-Ländern etabliert ist. Hier werden Getränkeflaschen aus Kunststoff und Glas, sowie Dosen wieder in den Kreislauf zurückgeführt.

Wie Expert:innen die Plastikproblematik im Handel bewerten

Neben der Untersuchung im Supermarkt wurden Branchen Expert:innen, also Fachleute aus der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, nach ihrer Einschätzung der Situation befragt. 98 % der 300 Befragten gaben an, dass sie sich freiwillig verpflichtet haben, den Plastikanteil ihrer Verpackungen zu reduzieren. Doch 25 % zweifelten daran, dass sie dieses Ziel erreichen.

Hauptgrund für diese Prognose sind Rohstoffkosten (40 %) und die Sorge, dass alternative Verpackungsformate bei Verbraucher:innen (39 %) nicht gut ankommen. Alternativen, wie Glas oder andere Formate erzeugen teilweise höhere Kosten und Lebensmittelhändler:innen (72 %) glauben, dass ihre Kund:innen eher günstige Option schätzen.

Wie schon beschrieben, ist die Reduzierung von Plastik nicht das alleinige Ziel. Auf die Recyclingfähigkeit und die richtige Entsorgung durch die Verbraucher:innen kommt es natürlich auch an. Spätestens ab 2030 ist Recyclingfähigkeit in der EU keine Frage des Glaubens und der Nachfrage mehr.

Neue Regelungen zur Recyclingfähigkeit von Kunststoffverpackungen

Die im Februar 2025 in Kraft getretene Packaging & Packaging Waste Regulation (PPWR) gibt vor, dass ab 2030 alle Verpackungen recyclingfähig sein müssen. In weiteren Abstufungen wird es 2035 und 2038 weitere Verschärfungen der Recyclingfähigkeit geben.

Zusätzlich müssen Kunststoffverpackungen ab 2030 einen Mindestrezyklatanteil aufweisen. Rezyklate werden beim Recycling von Kunststoffabfällen hergestellt und dann zur Produktion von neuem Kunststoff verwendet. So können Rohstoffe geschont werden und durch die Wiederverwertung entsteht weniger neuer Abfall.

Bisher galt in der EU die EU-Verpackungsrichtlinie, die Leitplanken für den Umgang mit Verpackungsabfällen vorab, die auf nationaler Ebene umgesetzt wurden. Mit der PPWR ist die erste Verordnung in Kraft getreten, welche einheitlich für alle Mitgliedsstaaten gilt (trotzdem auf Länderebene in Detailfragen unterschiedliche Auslegungen findet).

Wege zu weniger Plastik im Supermarkt

Die befragten Branchen Expert:innen forderten 2024 als Lösung für die Plastikflut globale Regeln. Nur so könne laut ihnen eine zeitnahe Transformation gelingen. Die EU macht zwar keine globalen Regeln, aber die Anpassungen, die durch die PPWR anstehen, gelten in allen EU-Ländern und für Importeur:innen aus Drittstaaten. Somit hat die PPWR nicht nur Einfluss auf die EU, sondern auch über ihre Grenzen hinaus. Mit der PPWR macht die EU einen großen Sprung in Richtung einer stärkeren Kreislaufwirtschaft, in der ein besonderer Fokus auf Kunststoffverpackungen und ihrem Einfluss auf die Umwelt liegt.

Auswirkungen der Plastikflut: Umwelt und Gesundheit

Fest steht, wenn wir nichts unternehmen, steigt nicht nur die Menge an produziertem Kunststoff (320 Millionen Tonnen im Jahr), sondern es wächst auch der Great Pacific Garbage Patch weiter. Die Müllinsel im Pazifik mag weit weg erscheinen, doch übermäßige Müllproduktion macht sich auch hier, sowohl in der Umwelt als auch in Form von Mikroplastik als gesundheitliche Belastung bemerkbar. Daher sind nicht nur Lebensmittelhersteller:innen und Supermärkte gefragt. Wir als Verbraucher:innen können die Verpackungen zwar nicht mitgestalten, sie aber korrekt entsorgen, sodass die Recyclingquoten steigen und Abfälle als recyceltes Material einen zweiten, dritten oder vierten Lebenszyklus erleben. Die richtige Trennung ist wichtig!

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